Lesung

Gerrit Bekker – PROSA LYRIK in der HafenCity
Autorenlesung im Rahmen des Hamburger Festivals „Literatur in den Häusern der Stadt“
15.06.2019

Am 15. Juni 2019 fand im Rahmen des Hamburger Festivals „Literatur in den Häusern der Stadt“ in der Wohnung der Gastgeberin Ninon Colneric eine Autorenlesung mit Gerrit Bekker statt. Gleichzeitig wurden sieben Lieder uraufgeführt, die der Komponist und Pianist Gerhard Folkerts zu Gedichten von Gerrit Bekker für diesen Abend geschrieben hat. Diese CD enthält den Originalton der Lesung und eine Neuaufnahme der Lieder.

Abfallend – All-ein

Text und Lesung: Gerrit Bekker
Gedichte
2:55

Herbst

Text und Lesung: Gerrit Bekker
Gedichte
0:56

Juniheim – El Condor

Text und Lesung: Gerrit Bekker
Gedichte
1:04

Wer ist wo – Sag was – Jetzt ernten – Matiasma – Lindewitt – Am Deich – Koserow auf Usedom – Im Oderbruch – Hurra und Leben

Text und Lesung: Gerrit Bekker
Gedichte
10:35

Bin – Aufsteigen

Text und Lesung: Gerrit Bekker
Gedichte
1:12

Auszug aus Farbe der Schatten

Text und Lesung: Gerrit Bekker
Prosatext
2:50

Bau–Steine–Erden

Text und Lesung: Gerrit Bekker
Gedichte
0:30

Neun neue Musen

Text und Lesung: Gerrit Bekker
Gedichte
0:35

Roots

Text und Lesung: Gerrit Bekker
Gedichte
1:55

Finnisch – Endlich – Tu il mio sole – Fragil

Text und Lesung: Gerrit Bekker
Gedichte
3:15

Vertonungen

Liedern mit Texten von Gerrit Bekker

Sieben Lieder von Gerhard Folkerts zu Gedichten von Gerrit Bekker

Die Texte zu den Liedern, gesungen von Meili Li

hinterher

Text: Gerrit Bekker Komposition und Piano: Gerhard Folkerts Gesang: Meili Li
Lied
1:44

 hinterher
immer
wenn meine Mutter
hinaus trat
war es früh
oder in der Späte
bewegten sich die Vorhänge
an den Nachbarswohnungen
und Lichter wurden gelöscht
um besseres Hinterhersehn
im Sternecker Weg.
Da ging sie ‐
Ich auch einer der Heimler
der Nachschauer
Sah ihr nach
der schönen
lebendigen Schwarzen ‐
wie sie Haare warf
beim Gehen ‐
oder Fuß setzte.
Wie helles Wasser
weißen Kiesel spielt.
Selbst wir –
aus der Familie
sah’n ihr nach ‐
geflüstert:
Seht – da geht sie

dichter

Text: Gerrit Bekker Komposition und Piano: Gerhard Folkerts Gesang: Meili Li
Lied
2:42

dichter
Ich bin das Kind
das aus dem Nest der Krähe stürzte ‐
wie Woge stürzte
ich
an einem Tag
mit schüchtern Arr!
den Schnabel weitgerissen,
als ließe sich’s Verderben
beißen.
Ich bin der Vogel, schwarze ‐
damals aus dem Nest
und meine Flügel brachen nicht für immer.
Hier bin ich aufgestanden,
an einer Mauerkante
bösen Buben auf das Bett
und auf die Hand zu sehn.
Bin zu verstehn. ‐
Ich sitze Nacht um Nacht an deinem Hause!
Mit den Gesellen auf den Feldern
vertrete ich den nächsten Tag.
Da wird der Nebel kommen weiß ‐
Der unser Meister ist ‐
der uns bewegt ‐
den wir bewegen dürfen. ‐
Der Nebel, der dann Meister heißt.

Mal mal

Text: Gerrit Bekker Komposition und Piano: Gerhard Folkerts Gesang: Meili Li
Lied
3:20

Mal mal
Der Himmel
lilapurpurübergossen
schaumige wolken federfein.
Das letzte Jahr nur so vorbeigeflossen, und wenn es Abend ist ‐
bin ich allein.
So träge wie die Welle an den Strand versickre ich
grad war ich angekommen.
Was eben war, bleibt noch als feuchter Rand
Und auch als Grenze
unbenommen.
Sowie am Meer – der Mensch allein
wie aus den Wolken – Dunst der Dünste spricht,
so ruhig darf der Stein nur sein – dem Altern das Gerechte ist.
Du Nacht, leg dich als Nacht nur übers Land.
Erdschattig ‐ abgewandtes Licht.
Was ich erfand, gehörte meiner Hand.
Damit sich selbst das Bild
vom Grunde
spricht.
Dort wo sich Grund
und Farbe binden ‐
da ist das Leiden
für das Finden.

halt dich fest

Text: Gerrit Bekker Komposition und Piano: Gerhard Folkerts Gesang: Meili Li
Lied
2:50

halt dich fest
Als der große Pan starb
erzählt man
in Friesland ‐
klagte die Luft
und der Wind
machte Wörter.

Aus rotem Sand
brach das Bein.
Fahle Wirbel.
Lose Zähne
am Kinnbacken ‐
klappern.
Und die Rippen
wie Spreu
auf dem Feld.

Held sein.
Im Kriegswagen hier.
Die Deichsel
mit den Zähnen
gepackt und gezogen.
Waffeschwingende Faust.
Klirren,
Metall aneinander.

Dumpfer Schlag
von der Wut und dem Mut
für ein Wort zu sterben.
Einen Namen erkämpfen.

Eine Schuldigkeit getan
und eine ‐
wieder aufgenommen.
Das ist das Los
der Sieger.

Schichtwechsel, Demitrios davor

Text: Gerrit Bekker Komposition und Piano: Gerhard Folkerts Gesang: Meili Li
Lied
2:50

Schichtwechsel, Demitrios davor
Das Haus ist nimmer mein.
Ich bin
bin da
die Faust zu machen
in der Tasche.
Werkzeug führen ‐
daß
wenn ich mich nicht krümmen will
aus Stolz ‐
die Arbeit mich schon beugen wird.
Hier bei Titan.
Zementfabrik in Elefsina.

Höre Athansius

Text: Gerrit Bekker Komposition und Piano: Gerhard Folkerts Gesang: Meili Li
Lied
2:14

 Höre Athanasius
Gebt Sand in die Esse!
Erst Skaramangas und das Wasser
ist schwarz.
In Elefsina feines Wispern
Im Mysteriengebälk.
Der verwundete Wald liegt.
Zerbröckelter Akanthus ‐
Kannelür ist Sonnenplatz
Dem smaragdenen Dachschädel
Der Echse.
In der Bucht Salamina
Dümpeln die Tanker auf Reede.
Als Kind griff ich
Den Oktopus vom Stein,
jagte Zipura am felsigen Grund.
Hier badet keiner mehr
Auf tausend Jahr.

Schwarzes Öl

Text: Gerrit Bekker Komposition und Piano: Gerhard Folkerts Gesang: Meili Li
Lied
1:13

Schwarzes Öl
Hier Sohn.
Weißer Marmor.
Älter als jedes Wort.
Das, Sohn,
haben wir von ihren Schiffen,
von ihren hohen Häusern.
Schwarz ist der Strand vor Skaramangas,
und ißt du den Fisch hier,
bist du des Todes.
Die Olive aber am Hang,
sieh selbst, Sohn,
sie läßt die Wurzeln aus der
Erde,
sich ins Meer zu stürzen.
Sohn.
Die Olive.

Zwei Lieder von Danny Dziuk zu Gedichten von Gerrit Bekker

Berliner Strasse

Danny Dziuk
„Wer auch immer, was auch immer, wo auch immer“
Plattenfirma & Verlag: Buschfunk. 2016
1:49

Gerhard Folkerts (*1944 in Meiningen) ist Komponist und Konzertpianist. Er lebt und arbeitet in Wedel bei Hamburg. Gerhard Folkerts komponiert Klavier- und Kammermusikwerke sowie Liederzyklen und Musik zu zahlreichen literarischen Programmen, die er auch konzipiert. 2008 wurde im Rahmen der Gedenkfeier zum 65. Jahrestag des Massakers in Kalavryta sein Kalavryta-Oratorium aufgeführt.
Seit 1999 stehen Leben und Werke des großen griechischen Komponisten und Dichters Mikis Theodorakis iim Zentrum seiner Arbeit. Folkerts tritt mit seinen Programmen europaweit auf (Athen, Budapest, Hamburg, Paris u.a.).

Meili Li (*1988 in Xinjiang) ist der erste chinesische Countertenor mit internationaler Ausbildung und Karriere. Er studierte an der Royal Academy of Music Gesang bei Michael Chance und schloss dieses Studium 2013 mit Bestnote ab. Ein Aufbaustudium im Fach Oper an der Guildhalt School of Music and Drama beendete er 2015 mit Auszeichnung. 2016 gewann er beim internationalen Händel Gesangswettbewerb in London den Farinelli‐Preis für Countertenöre. Meili Li gab in ganz Europa und China Konzerte und trat an großen Opernhäusern wie dem Royal Opera House und der Ungarischen Staatsoper auf.

Danny Dziuk (*1956 in Walsum) ist ein Songschreiber, Sänger und Komponist zahlreicher Theater- und Filmmusiken. Arbeitete/schrieb/tourte u.a. auch für Stoppok, Annett Louisan, Axel Prahl und Wiglaf Droste. Trotz zahlreicher Preise und enthusiastischer Rezensionen ist ihm jedoch ein größeres Publikum bisher versagt oder – je nach Sichtweise – erspart geblieben. Sein daher folgerichtig „Unterm Radar“ betiteltes achtes Album ist im Februar 2023 erschienen.